Thema Urteilstext (evtl. leicht gekürzt) Aktenzeichen und Gericht
     
Überholen Will ein Omnibusfahrer einen Pkw auf der Autobahn überholen, so muss er den nachfolgenden Verkehr sorgfältig beobachten. Übersieht er beim Ausscheren einen bereits auf der Überholspur fahrenden Wagen und kommt es deswegen zur Kollision aller drei Fahrzeuge, so haftet er allein für den Schaden. Das gilt zumindest dann, wenn dem überholenden Kraftfahrer keine "unfallursächliche Geschwindigkeitsüberschreitung" nachzuweisen ist. Oberlandesgericht Düsseldorf, 1 U 114/02
     
  Überholt ein Autofahrer bei unklarer Verkehrslage, so trägt er bei einem Unfall auch dann 70 Prozent des Schadens, wenn der Überholte den nachfolgenden Verkehr nicht beobachtet hat und selbst ausschert. Amtsgericht Sondershausen, 2 C 327/01
     
  Ist nicht zu klären, ob ein Auto sich zum Linksabbiegen eingeordnet hatte, bevor der Fahrer den Blinker gesetzt hat, und ob andererseits ein Motorradfahrer, der den Pkw überholt hat, das Blinkzeichen des Autofahrers übersehen hat, so haben sich die beiden Kontrahenten den Schaden zu teilen, wenn es zu einem Zusammenstoß kommt. Amtsgericht Kassel, 421 C 4260/00
     
  Überholt ein Autofahrer in einer Baustelle auf der Autobahn ein Gespann (Pkw und Anhänger) und kommt es auf den verengten Fahrbahnen (hier: links 2 Meter, rechts 2 Meter) zu einer Kollision, so trägt der Überholende 60 Prozent des Schadens, wenn (auch per Gutachten) nicht festgestellt werden kann, wer den Unfall verschuldet hat. Landgericht Mühlhausen, 2 S22/02
     
  Überholt ein Autofahrer in einer engen Straße mit einer zu hohen Geschwindigkeit (hier: mit 50 km/h) einen Bus an einer Haltestelle, so muss seine Kfz-Haftplichtversicherung Schadenersatz leisten, wenn er ein (hier: 8jähriges) Mädchen, das vor dem Bus über die Straße läuft, erfasst und verletzt. (Bei Unfällen seit August 2002 hat die Kfz-Haftpflichtversicherung unabhängig vom Verschulden eines unter 10jährigen Kindes zu leisten.) Oberlandesgericht Köln, 3 U 166/01
     
  Hat ein Lkw den Blinker links gesetzt, um einen Radfahrer zu überholen, verzögert sich der Überholvorgang jedoch wegen des Gegenverkehrs, so darf ein hinter dem Lkw fahrender Autofahrer nicht - im Glauben, der Lkw-Fahrer will gar nicht überholen - vorbeiziehen. Kollidieren die beiden (weil der Lkw schließlich doch ausschert), so trägt der Ungeduldige die volle Schuld für den Unfall. Oberlandesgericht Rostock, 8 U 73/03
     
  Kann ein Autofahrer ein Verkehrsschild mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung nicht erkennen, weil er einen Lkw überholt, der das Schild verdeckt hat, so darf er nur dann wegen dieses Verstoßes belangt werden, wenn ihm nachgewiesen wird, dass er "Kenntnis von der Örtlichkeit" hatte. (Hier war der Autofahrer außerorts um 22 km/h zu schnell gefahren.) Oberlandesgericht Düsseldorf, 2a Ss OWi 69/02 - OWi 16/02 II
     
  Überholt ein Radfahrer eine Radfahrerin ohne genügenden Seitenabstand und ohne "Ankündigung" (zum Beispiel per Klingelzeichen), erschrickt die Überholte und stürzt, wobei sie sich schwer verletzt, so hat der Radler Schadenersatz und Schmerzensgeld zu leisten. (Hier wurden einer 67jährigen Frau, die in einer Gruppe von 24 Personen fuhr, vom Oberlandesgericht Hamm unter anderem 5.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen, das der Radler, der sie mit einem Seitenabstand von weniger als 50 Zentimetern überholt hatte, mangels einer Privathaftpflichtversicherung aus der eigenen Tasche zu finanzieren hat.) Oberlandesgericht Hamm, 6 U 105/03
     
  Besteht eine Autokolonne aus einem Pkw (in letzter Position), drei anderen Kraftfahrzeugen, einem Lastkraftwagen und einem (für den hinten fahrenden Pkw nicht zu erkennenden) Radfahrer, so darf der Autofahrer nicht von hinten überholend nach vorne fahren, wenn er sieht, dass der Lkw den Blinker links gesetzt hat, jedoch nicht sofort ausschert. Stößt er mit dem Lkw zusammen, gibt es kein Geld aus der Kaskoversicherung. Oberlandesgericht Rostock, 8 U 72/03
     
  Startet ein Autofahrer ein Überholmanöver, beginnt jedoch während des Vorgangs eine durchgezogene Markierung der Fahrbahnmitte, so muss er das Überholen abbrechen, andernfalls er mit einem Bußgeld belegt wird. Oberlandesgericht Saarbrücken, 4 U 10/01
     
  Nähert sich ein Autofahrer zwei vorausfahrenden Pkw und will er beide Fahrzeuge überholen, so muss er dem direkt Vorausfahrenden den Vortritt lassen, wenn der bereits näher auf den "führenden" Wagen aufgefahren ist, als er selbst seinem Vordermann. Kammergericht Berlin, 12 U 1470/00
     
  Will eine Autofahrerin links abbiegen, fährt sie vorsichtig in die Kreuzung ein, um den Gegenverkehr passieren zu lassen, und fährt sie langsam weiter, so hat ein ihr nachfolgender Autofahrer nicht das Recht, sie zu überholen und auszubremsen. Fährt die Frau auf, obwohl sie scharf bremst, so hat sie keine Schuld. Auch die Kfz-Haftpflicht des Mannes muss nicht leisten - er muss, da vorsätzlich gehandelt, den Schaden aus eigener Tasche bezahlen. Landgericht München I, 19 S 19940/03
     
  Fährt ein Autofahrer mit einem Wohnwagenhänger in zweiter Position einer Kolonne, die sich hinter einem Traktor gebildet hat, und setzt der Fahrer - nachdem der vor ihm befindliche Pkw überholt - ebenfalls zum zügigen Überholen an (wobei er nur einmal in den Rückspiegel schaut), so muss er dennoch lediglich ein Drittel des Schadens tragen, der dadurch entsteht, dass er mit einem von hinten heranfahrenden Motorrad - das er übersieht - kollidiert. Oberlandesgericht Düsseldorf, 1 U 119/04
     
  Schert ein in einer Kolonne fahrender Pkw in einer Rechtskurve aus, um einen Transporter zu überholen, der - zusätzlich zur schlechten Übersicht in der Kurve - das Sichtfeld einschränkt, so muss seine Kfz-Vollkaskoversicherung den Schaden an seinem Pkw wegen grober Fahrlässigkeit nicht bezahlen, wenn er mit einem entgegenkommenden Wagen kollidiert. Das Argument, er habe den Gegenverkehr "schlicht übersehen", zieht nicht. Oberlandesgericht Karlsruhe, 12 U 151/03

 

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